MINISTERPRÄSIDENTENKONFERENZ: Migrationsdebatte - Bund und Länder einig bei Flüchtlingskosten
Bund und Länder haben in der Nacht zum Dienstag eine Verschärfung der Asylpolitik und ein neues Finanzierungsmodell beschlossen. Kanzler Olaf Scholz sprach nach stundenlangen Verhandlungen von einem “historischen Moment“. “Unser gemeinsames Ziel ist es, die irreguläre Migration zurückzudrängen“, sagte er. Dafür sei die Geschlossenheit aller staatlichen Ebenen unverzichtbar. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sprach als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) von einem wichtigen, aber nur ersten Schritt in der Migrationspolitik.
Besonders umstritten war in den Verhandlungen, wie der Bund vor allem die Kommunen angesichts gestiegener Flüchtlingszahlen künftig unterstützt. Beschlossen wurde nun eine Hilfe, deren Umfang Rhein und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mit 3,5 Milliarden Euro im kommenden Jahr bezifferten. Der Bund wird zum einen zu einer Pro-Kopf-Zahlung zurückkehren, die ab 2024 7500 Euro pro Flüchtling beträgt. Die Bundesregierung wird zum anderen in der ersten Hälfte des Jahres 2024 eine Abschlagszahlung in Höhe von 1,75 Milliarden Euro leisten.
Zudem sollen Länder und Kommunen nach Angaben von Scholz durch Leistungskürzungen bei Asylbewerberinnen und Asylbewerber rund eine Milliarde Euro einsparen. So soll etwa die Versorgung in Gemeinschaftsunterkünften künftig gegengerechnet werden, wodurch Länder und Kommunen einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag einsparen sollen. Außerdem sollen Asylbewerber künftig erst nach 36 und nicht nach 18 Monaten volle Sozialleistungen beziehen können. Vor allem die Union hatte darauf gedrungen, die Versorgung einzuschränken.
Scholz betonte, dass die Zahlungen keine Probleme im Bundeshaushalt 2024 verursachten. Außerdem werde sich die finanzielle Last des Bundes in dem Maße reduzieren, in dem es gelinge, die Zahl ankommender Flüchtlinge zu reduzieren. In dem gemeinsamen Papier ist davon die Rede, dass in diesem Jahr mehr als neue Asylanträge zu erwarten seien.
ASYLVERFAHREN IN DRITTSTAATEN WERDEN GEPRÜFT
Bund und Länder einigten sich auch auf eine Reihe weiterer Maßnahmen. So sagte der Bund zu, dass nun geprüft werden solle, ob Asylverfahren auch in Transit- oder Drittstaaten vorgenommen werden können. Scholz und Weil betonten ihre Skepsis, ob dies verfassungsrechtlich möglich sei und ob man Staaten finde, die sich darauf einließen. Es sei aber richtig, keine Option auszuschließen, betonte der Kanzler.
Am Montag hatten die unions- und grün-geführten Länder eine ganze Reihe von Nachforderungen gestellt. Einige Punkte wurden nach langen Verhandlungen auch von den SPD-Ländern und später vom Bund akzeptiert. In einer Protokollerklärung machten die Freistaaten Bayern und Sachsen deutlich, dass ihnen das Maßnahmenpaket nicht ausreicht. Bremen, Niedersachsen und Thüringen wiederum verwiesen darauf, dass der Schutzstatus in einem Nicht-EU-Staat nur geprüft werden dürfe, wenn sich Schutzsuchenden freiwillig dorthin begäben.
Teil des Maßnahmenpakets sind auch Verfahrensbeschleunigungen bei Asylanträgen, schnellere Abschiebungen und der Abschluss von Migrationsabkommen mit Herkunftsländern. Der Schutz der EU-Außengrenzen soll durch EU-Beschlüsse verstärkt und zugleich eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen in der Union erreicht werden. Bis dahin sollen die Binnengrenzen Deutschlands besser geschützt werden. Asylverfahren für Antragsteller aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von unter fünf Prozent sollen beschleunigt durchgeführt und nach Möglichkeit mit Asyl- und Gerichtsverfahren in jeweils drei Monaten abgeschlossen werden.
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