DURCHMARSCH FÜR AFD: Erdrutschsieg in Sonneberg - Demokratische Parteien unter Schock | WELT Stream
Bundesweit im Umfragehoch und jetzt auch mit einem zählbaren Wahlerfolg: Die rechtspopulistische AfD hat zehn Jahre nach ihrer Gründung erstmals in Deutschland ein kommunales Spitzenamt erobert. Mit 52,8 Prozent gewann ihr Kandidat Robert Sesselmann am Sonntag die Landratswahl im Thüringer Kreis Sonneberg gegen seinen CDU-Konkurrenten Jürgen Köpper, der nur auf 47,2 Prozent kam.
«Das war erst der Anfang», schrieb AfD-Chef Tino Chrupalla auf Twitter. «Wir überzeugen Mehrheiten mit unserer Politik für die Interessen der Bürger. So werden wir für Deutschland die Wende zum Guten erreichen.» Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke sagte, von Sonneberg gehe ein «politisches Wetterleuchten» aus. Man wolle diesen Schwung mitnehmen für die kommenden Landratswahlen und sich dann auf die Landtagswahlen vorbereiten, wo man ein «politisches Erdbeben» im Osten erzeugen könne. Kommendes Jahr stehen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg Landtagswahlen an.
Bei der Präsentation der Wahlergebnisse in Sonneberg waren weder Sesselmann (50) noch Köpper (57) dabei - sie zogen es vor, bei ihren Anhängern zu bleiben. Bei der AfD wurde gefeiert, auf den Tischen lagen Deutschland-Flaggen, überall hingen blaue Ballons. Wahlsieger Sesselmann will als künftiger Landrat auch mit dem politischen Gegner sprechen, kündigte er bei der AfD-Wahlparty in Sonneberg an. Die AfD sehe er «auf dem Weg zur Volkspartei». Der unterlegene Köpper bezeichnete den Wahlausgang in einer Mitteilung als «enttäuschend» und sprach von einem schlechten Tag für den Landkreis Sonneberg und für Thüringen.
Im Landkreis Sonneberg ging es um einen Landrat in einem Landstrich mit wenig Menschen - gerade einmal 57 000 Einwohner und 48 000 Wahlberechtigte hat der Landkreis im Thüringer Wald direkt an der Grenze zu Bayern. Aber die AfD hat nach eigener Lesart Geschichte geschrieben. Das Ergebnis zeigt: Mehrheiten für die systemkritische Protestpartei sind möglich - und das in Thüringen, wo der Landesverband mit seinem Chef Höcke vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet wird.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bezeichnete den AfD-Wahlerfolg als Signal der Unzufriedenheit. «Ich glaube, wir müssen den Geist der deutschen Einheit neu definieren, dass wir die Ostdeutschen mitnehmen und nicht das Gefühl auslösen, dass über sie gelacht wird oder über sie nur geredet wird», sagte Ramelow am Sonntagabend im ZDF. Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang schrieb auf Twitter, die AfD füttere bewusst Ängste. «Sie hat kein Interesse daran, dass es dem Land gut geht.»
Thüringens Innenminister und SPD-Vorsitzender Georg Maier bezeichnete das Wahlergebnis als «Alarmsignal für alle demokratischen Kräfte». Thüringens CDU-Generalsekretär Christian Herrgott sagte: «Mit dem Wahlergebnis ist klar, dass jetzt wir alle die Aufgabe haben, Lösungen gegen diese Art des Protestes gegen Berlin zu finden.»
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